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Donnerstag, 29. November 2018, 20:25

Nutzung von Flak für den Erdkampf

Ich hab mal eine Frage, die sich nur indirekt mit dem WW beschäftigt. Ich erforsche gerade Anlagen in der Rückraumstellung, die aber auch nicht direkt zur LVZ gehören, sondern zur Stadtverteidigung von Karlsruhe.

Vielleicht wissen die Waffenexperten ja dafür eine Antwort.

Wie lange dauerte es, eine Flak zur Luftverteidigung für den Erdkampf umzurüsten. Ich denke hier an die Standard 3,7 oder 8,8. Ging das direkt unmittelbar oder war das gar nicht so einfach? Brauchte man z.B. eine andere Lafette? Oder war es gar so kompliziert, dass davon eher nicht auszugehen ist?

Mein Problem ist, dass ich aus den Unterlagen nicht ganz einschätzen kann, ob eine Flakstellung, die wahrscheinlich mit Bettung im Süden von Karlsruhe stationiert war, theoretisch und praktisch in die Kampfhandlungen beim Vorrücken der Alliierten im März/April 1945 auch gegen gepanzerte Bodenziele eingesetzt werden konnte oder ob diese wahrscheinlich eher vor dem Heranrücken des Feindes weiter von der HKL weg transportiert wurde.

Bin dankbar für jeden fachlichen Rat.
Herzlich
Festus

Zappo

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2

Sonntag, 2. Dezember 2018, 10:30

"Ihren legendären Ruf erwarb die 8,8 weniger in ihrer Rolle als
Flugabwehrkanone als vielmehr durch ihren Einsatz im Erdkampf, bei dem
sie in einigen Fällen mit ihren Zeitzündersprenggranaten als Haubitze,
vor allem aber als Panzerabwehrkanone bei der Panzerbekämpfung
zum Einsatz kam. Im Unterschied zu den meisten anderen schweren
Flugabwehrkanonen konnte die 8,8 auch unter die Horizontale gerichtet
(negativer Elevationswinkel) werden und damit auch aus einer überhöhten Stellung Erdziele direkt beschießen."

Quelle:wikipedia.

Umgerüstet musste da m.W.s nichts, nur andere Munition....

Gruß Zappo

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3

Sonntag, 2. Dezember 2018, 11:08

Aus den Memoiren des Max von Stiotta (u.a. verantwortlich für den Orscholzriegel):

"Ich glaube diese Stellung [der Orscholzriegel] kann man wirklich nicht nehmen." meinte General Dehmenl.
"Jede derartige Stellung ist in wenigen Stunden zu nehmen", antwortete ich, "Nebel, Flachbahnfeuer und richtig ausgebildete Pioniere genügen".
"Wie wollen Sie denn die Bauten zweschießen?"
"Mit Flak im Erdbeschuss."
General von Manstein wurde sehr lebhaft: "Glauben Sie, dass man unsere Flak im Erdbeschuss verwenden und damit die Maginotlinie einschiessen kann?"
Ich antwortete ihm: "Sicher kann man unsere Flak auch im Erdbeschuss verwenden und mit ihrer großen Anfangsgeschwindigkeit kann sie alle Panzer und Betonwände der Maginotlinie zerschiessen. Wie ich aus unseren Behelfen über die Maginotlinie entnommen habe, ist sie sehr empfindlich gegen Flachbahnfeuer, für schwächere bauten genügt auch unsere Pak. Mit Mörsern würde ich nicht auf Beton, sondern nur auf die feldmässigen Anlagen schiessen.
General von Manstein war sehr nachdenklich als wir nach Hause fuhren.
Nach der Sprengung sind alle Bunker gleich.

Die Anderen stehen im Saarland

4

Sonntag, 2. Dezember 2018, 19:25

Danke Zappo, Wikipedia habe ich auch konsultiert. Ich hatte gehofft, dass jemand mit Bundeswehrerfahrung bzw. persönlicher Ahnung von den 8,8ern etwas beitragen kann. Wikipedia erwähnt bspw. einen Kampfschirm, der für den Erdkampf vorgepflanzt werden konnte. Sagt aber nichts aus über die Lafette, die Protzen, die Motorisierungsfähigkeit, das ist mir alles zu allgemein bei den Wikis.
Und: Schön, B00nfire. Aber was habe ich davon? Ich weiß um die Durchschlagskraft der Geschosse, ich weiß um die vielseitige Verwendbarkeit. Ich fragte nach der spontanen Transportierbarkeit.
Genauer: War es möglich, eine Luftabwehrbatterie aus 4 Geschützen und auf fester Bettung versehen spontan in den Erdkampfmodus zu versetzen? Wie lange brauchte man für die Mobilisierung der Batterie? Reicht da ein Tag?
Nochmals danke,
Festus

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5

Sonntag, 2. Dezember 2018, 20:17

War es möglich, eine Luftabwehrbatterie aus 4 Geschützen und auf fester Bettung versehen spontan in den Erdkampfmodus zu versetzen?

Die 8,8 konnte in der Standardausführung sowohl für Flugabwehr als auch für flaches Feuer verwendet werden, das war ja der Hauptvorteil des Geschützes.
Bei einer festen Bettung kommt es darauf an, wie tief die FLAK in der Bettung sitzt (ich denke da nun an die Beton-Bettungen wie z.B. in der LVZ). Diese waren unter der Annahme errichtet, dass die 8,8 zur Flugabwehr genutzt wird.

Wie lange brauchte man für die Mobilisierung der Batterie? Reicht da ein Tag?

Die Waffe selbst ist hochmobil und kann "innerhalb kürzester Zeit" transportiert werden, genaue Zahlen hab ich aber nicht.
Allerdings gibt es ein ganzes Buch zu diesem Thema:

Die Acht Komma Acht Flak im Erdkampf-Einsatz von Janusz Piekalkiewicz

Da dürften alle Fragen beantwortet werden.

Gruß
Nach der Sprengung sind alle Bunker gleich.

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sledge

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6

Sonntag, 2. Dezember 2018, 22:39

Ob man die 3,7er Flak 1944/45 noch gegen gepanzerte Bodenziele eingesetzt hat, würde ich wegen der Stärke der Panzerung bezweifeln.
Die 3,7cm Pak hatte sich schon viel früher gegen geringere Panzerstärken den Spitznamen "Heeresanklopfgerät" erworben.

Mit einem Höhenrichtbereich von -5°/+85° und einem Seitenrichtbereich von 360° steht einem Einsatz im Erdkampf allerdings nichts im Weg.
Gegen Infanterie leichtgepanzerte und ungepanzerte Fahrzeuge wurde sie im Erdkampf oft eingesetzt und hatte speziell mit Sprengmunition eine verheerende Wirkung.
Bei einem Gefechtgewicht von gerade mal 2100 Kg war sie auch äusserst mobil.


Zur 8,8cm nachfolgend ein paar Seiten aus dem Buch:

"Enzyklopädie Deutscher Waffen 1939-1945"

Im Text vom dritten Anhang wird erwähnt das die 8,8cm Flak 18, 36 und 37 bereits 1936-1939 in Spanien oft für den Erdeinsatz genutzt wurde.

Vergleicht man die Anhänge 1 und 3, Pak und Flak auf Kreuzlafette und auch auf Sonderanhänger, stellt man fest dass eine gewisse Ähnlichkeit besteht.

Der Schild an der 8,8cm Flak 41 (Anhang 4) lässt sogar vermuten, dass grundsätzlich auch ein Einsatz im Erdkampf in Betracht gezogen wurde.

Mein leider mittlerweile verstorbener Großvater war Angehöriger einer Flakabteilung, er erzählte das mit der 8,8 auch oft Erdziele erfolgreich bekämpft wurden.
Dazu musste einfach das Rohr abgesenkt werden, was nur wenige Sekunden dauerte.
Wenn keine Gefahr durch feindlichen Artilleriebeschuss oder Feindflugzeuge bestand war man bei dem Flakgeschütz sogar relativ sicher,
wegen der enormen Reichweite der 8,8 kam der Feind meist gar nicht dicht genug heran um dem Geschütz gefährlich zu werden.

Eine routinierte Bedienung soll es in unter einer Stunde geschafft haben einen Ortswechsel durchzuführen.
Waren alle Granaten verschossen und musste man schnell verschwinden ging´s angeblich sogar noch schneller.

Vieleicht hilfts weiter.
Ansonsten wie B00nfire bereits geschrieben hat: Die Acht Komma Acht Flak im Erdkampf-Einsatz von Janusz Piekalkiewicz - Da dürften alle Fragen beantwortet werden.
»sledge« hat folgende Dateien angehängt:
  • img745.jpg (470,5 kB - 21 mal heruntergeladen - zuletzt: 21. November 2021, 19:06)
  • img746.jpg (384,46 kB - 18 mal heruntergeladen - zuletzt: 12. Juli 2019, 13:58)
  • img747.jpg (499,31 kB - 16 mal heruntergeladen - zuletzt: 12. Juli 2019, 13:58)
  • img748.jpg (553,72 kB - 17 mal heruntergeladen - zuletzt: 12. Juli 2019, 13:58)
Grüsse sledge

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Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von »sledge« (2. Dezember 2018, 23:12)


7

Sonntag, 2. Dezember 2018, 23:14

Sehr schön, vielen Dank Sledge, auch für die Mühe mit den Scans. Das bestätigt meine Ansicht, dass die 8,8 schnell entfernt werden konnte und wahrscheinlich gar nicht mehr in die Kämpfe gegen Infanterie und Panzer eingesetzt wurde.

8

Dienstag, 4. Dezember 2018, 12:07

Hallo,

Inwieweit sich die Unrüstung einer 8,8 innerhalb einer Stunde bewerkstelligen lässt, kann ich so spontan nicht sagen. Ich habe aber zu Hause einen Packen Zeitzeugenberichte über den Einsatz der 8,8 zum Erdkampf. Die kann ich mal bemühen.

Bis dahin habe ich noch ein Gegenbeispiel:
Der Bruder eines Bekannten hat einmal vom "Endkampf" in Rastatt berichtet. Die Einheit bekam eine 8,8 auf Radlafette geliefert, um damit die südwestliche Flanke der Stadt mit den Bruchwiesen und der Reichsstrasse 36 unter Feuer nehmen zu können. Leider liess die dazugehörige Munition auf sich warten und so erging alsbald der Befehl die Flak in eingefettete Sackleinen zu wickeln und in einem der nahen Bombenkrater zu vergraben.
Offensichtlich war die Flak selbst mit Rädern nicht mobil genug in der gebotenen Eile.

P.S. Die 8,8 liegt da heute noch und das aus gutem Grund!
Ich habe auch schon einmal nach ihr gegraben, allerdings erfolglos. Schatzsucher dürfen weiter träumen ;)

sledge

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9

Dienstag, 4. Dezember 2018, 18:22

Bis dahin habe ich noch ein Gegenbeispiel:
Der Bruder eines Bekannten hat einmal vom "Endkampf" in Rastatt berichtet. Die Einheit bekam eine 8,8 auf Radlafette geliefert, um damit die südwestliche Flanke der Stadt mit den Bruchwiesen und der Reichsstrasse 36 unter Feuer nehmen zu können. Leider liess die dazugehörige Munition auf sich warten und so erging alsbald der Befehl die Flak in eingefettete Sackleinen zu wickeln und in einem der nahen Bombenkrater zu vergraben.
Offensichtlich war die Flak selbst mit Rädern nicht mobil genug in der gebotenen Eile.


Tja so ne 8,8 wollte man nicht unbedingt in Feindeshand fallen lassen.
Normalerweise wurden sie gesprengt, zumindest mal das Rohr.
Aber im Endkampf fehlte es an allem, vieleicht in diesem speziellen Fall auch an Sprengmaterial. Deshalb möglicherweise auch der Befehl zum vergraben.
Kraftstoff für die Zugmaschine war sowieso Mangelware, also ein Abtransport meist nicht mehr möglich.
Grüsse sledge

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10

Dienstag, 4. Dezember 2018, 19:42

Das stimmt. Man hat Ihnen aber wohl auch was von "die wird noch gebraucht" erzählt. Soll ja motivierte Vorgesetzte gegeben haben. ;)

sledge

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11

Dienstag, 4. Dezember 2018, 20:01

Viele hatten ja die Hoffnung, dass es nach der Kapitulation gemeinsam mit den Briten und Amis, weiter gegen den Russen geht.
Grüsse sledge

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12

Mittwoch, 5. Dezember 2018, 20:40

@sledge
Bis dahin habe ich noch ein Gegenbeispiel:
Der Bruder eines Bekannten hat einmal vom "Endkampf" in Rastatt berichtet. Die Einheit bekam eine 8,8 auf Radlafette geliefert, um damit die südwestliche Flanke der Stadt mit den Bruchwiesen und der Reichsstrasse 36 unter Feuer nehmen zu können. Leider liess die dazugehörige Munition auf sich warten und so erging alsbald der Befehl die Flak in eingefettete Sackleinen zu wickeln und in einem der nahen Bombenkrater zu vergraben.
Offensichtlich war die Flak selbst mit Rädern nicht mobil genug in der gebotenen Eile.
Weißt du vielleicht, welche Einheit das war? 106. Infanteriedivision? Wann war das genau? nach dem 10.4.?

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Sonntag, 9. Dezember 2018, 20:51

Ich hab dieses Wochenende nur kurz Zeit gehabt die Berichte mal zu überfliegen. Ein verlegen mit Radlafette ist wohl in etwa eine Sache einer halben Stunde, wenn ich das richtig interpretiere. Zum Verbringen einer Achtacht ohne eine solche hab ich noch nichts gefunden...

Das mit der Einheit ist schwierig, ich weiss da nichts genaues, fragen lässt er sich leider nicht mehr. Ich könnte höchstens bei Gelegenheit Verwandte fragen, sollten die das wissen.
Ich gehe davon aus, dass nach dem 10.4., ja. Aber nhr aufgrund des Einnahmedatums. Vorher sollten die sich nicht abgesetzt haben. Zumal ja auch eine Verteidigung der Stadt aufrecht erhalten wurde.